Mini Pankow Radtour
Mittagspausenrunde durch Berlins Norden
Manchmal muss es einfach schnell gehen und das Einzige, das an einem stressigen Bürotag hilft, ist, sich aufs Rad zu setzen und überschüssige Energie abzubauen. Eine gute Ausrede war auch schnell gefunden, schließlich radeln wir heute mit dem Pankower Tourismus-Stammtisch von der Kulturbrauerei zum Schloss Schönhausen. Natürlich können wir den Kollegen in Sachen Sightseeing wenig Neues bieten, aber es geht ja auch, um die Chancen und Risiken des Fahrradtourismus für den Bezirk im Allgemeinen und Berlin on Bike im Besonderen. Genug Vorrede; bei angenehmen und sonnigen 18° machen wir uns von unserem Hauptquartier auf Richtung Mauerpark und halten kurz auf dem Schwedter Steg, um diesen schönsten aller Ausblicke zum 134. Mal zu fotografieren:
Unter der Bösebrücke – besser bekannt als Bornholmer Straße, dem Ort des Mauerfalls – hindurch folgen wir weiter dem Mauerweg. Die Kirschbaumallee ist schon herbstlich verfärbt und die Luft ist kalt und frisch. Ein kurzer Abstecher ins Nasse Dreieck zur örtlichen Graffiti-Wall-of-Fame enthüllt nichts wirklich weltbewegendes, weswegen wir uns weiter Richtung Norden wenden. Wir schlenkern uns unter der S-Bahn durch, streifen kurz das Ende der Grüntalerstraße mit ihren zahlreichen Kneipen und Bars und queren die Wollankstraße. Zwischen S-Bahntrasse und Schulzestraße gibt es einen langgestreckten kleinen Park der uns auf rennstreckentauglichem Asphalt das erste Mal zur Panke führt, dem namensgebenden Gewässer des Bezirks Pankow.
Ein kurzes aber fieses Stück Kopfsteinpflaster am Ende des Parks und schon sind wir im Bürgerpark Pankow. Dieser ehemalige Landsitz eines reichen Berliner Verlegers gehört zu den schönsten Parks der Stadt. Auch wenn die Panke wenig mehr als ein Bach ist, sorgt Wasser immer für eine besonders schöne Stimmung. Sanft rauschend und glitzernd bietet sie zahlreichen Enten und anderen Vögeln ein Zuhause. Im Rosengarten wird gelesen oder sich von den Strapazen der ersten Schultage nach den langen Sommerferien erholt. Immer wieder vom einen auf das andere Ufer wechselnd folgen wir der Panke bis zum Ende des Parks.
Ein kurzes Stück folgen wir der Hauptstraße, lassen die von Paul Mebes errichtete Wohnanlage in der Paul-Franck-Straße rechts liegen und biegen in den Majakowskiring ein. Wenig erinnert heute noch daran, dass hier die politische Elite der DDR zu Hause war. Tür an Tür haben hier Großkopferten wie die Ulbrichts, die Honeckers, aber auch Pieck und Grotewohl gewohnt. Zu DDR-Zeiten war der Zugang natürlich streng kontrolliert und man konnte nicht wie heute einfach quasi durch die Vorgärten des Zentralkomitees radeln. Natürlich ist das auch heute noch eine gehobene Wohngegend, aber dennoch wirkt die ganze Siedlung erstaunlich kleinbürgerlich, gerade wenn man sich den Größenwahn von Diktatorenkollegen wie Nicolae Ceaușescu in Erinnerung ruft.
Einmal kurven wir noch um das Schloss Schönhausen, jenem Landsitz, der der Frau Friedrich II., Elisabeth Christine, Refugium wie Gefängnis gleichermaßen war. Mit schon deutlich besserer Laune und deutlich niedrigerem Stresslevel entscheiden wir uns dazu, einfach genau diese schöne Strecke noch mal zu fahren und auf gleichem Rückweg wieder an unseren Schreibtisch zurückzukehren. Auch nach fast 10 Jahren als Bikeguide in Berlin, gibt es kaum etwas, dass so glücklich und entspannt macht, wie bei gutem Wetter durch unsere wunderschöne Hauptstadt zu radeln.
Bildergalerie Schloss Schönhausen
Mit ein bisschen mehr Zeit empfiehlt sich übrigens dringend ein Besuch im Inneren des Schlosses. Die preußische Königin Elisabeth hat dieses Schloss und den Park geliebt und wann immer Geld da war, aus- und umgebaut, saniert und verschönert. Sie war aber mitnichten die Letzte die ihrem Gestaltungswillen an dem Objekt ausgelebt hat. Nach dem Krieg ist das Haus als offizielles Gästehaus der DDR genutzt worden. Und so ganz spurlos ist der Osten an dem Objekt nicht vorübergegangen obwohl man sich erstaunliche Mühe gegeben hat, den Charakter des Hauses zu bewahren und beispielsweise Möbel im neorokoko Stil extra hat anfertigen lassen. Bis 1960 wurde der Bau zudem als Amtssitz von Wilhelm Pieck genutzt des ersten und einzigen Präsidenten der. Dessen Büro ist neben dem Bad der einzige offenkundig im Stil der 50er Jahre eingerichtete.
Auch wenn die Kulisse insgesamt natürlich beeindruckend und prachtvoll ist, als Wohnstatt für Präsidenten und gekrönte Häupter des 21. Jahrhunderts wirkt das Schloss nicht wirklich angemessen. Genau wie der Majakowskisring ist das alles etwas piefig und kleinbürgerlich. Wobei ich mich immer frage, ob die Vorstellungskraft der SED-Kader in Sachen Luxus und Repräsentation nicht weiter ging, oder man einfach sehr darauf geachtet hat, keine bourgeoisen Tendenzen erkennen zu lassen. Ich vermute beinahe, die waren einfach so kleingeistig, trotz all der hochtrabenden Reden vom neuen Menschen, den der Sozialismus hervorbringen würde. Wirklich ausgelassen ging es im Schloss Schönhausen wohl auch nicht zu, von Fidel Castro jedenfalls erzählt man sich, er hätte die Abende lieber mit dem Fahrdienst und Sicherheitsleuten verbracht als allein im Herrenschlafzimmer zu sitzen.
Das Schloss kann während der Sommermonate von Dienstag bis Sonntag besichtigt werden. Während der Woche geht das allerdings nur im Rahmen einer Führung, die jeweils zur vollen Stunde stattfindet. Der Eintritt kostest 6 €. Nähere Infos findet Ihr auf der Website des Schlosses.
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