Alltag in der DDR – Das Museum zur Mauertour
Schön, wenn die Kultureinrichtungen es einem so einfach machen, sie unseren Gästen zu zeigen, wie das am 15.11. eröffnete Museum in der Kulturbrauerei. Unsere Mauertour startet künftig quasi direkt vor dem passenden Museum und wenn wir ehrlich sind, würden wir uns gern einbilden, dass dieser Fakt bei der Standortentscheidung zumindest eine klitzekleine Rolle gespielt hat. Schließlich zeigen wir jedes Jahr tausenden Schülern und Erwachsenen von hier aus die Berliner Mauer. Nicht ganz so viele Gäste entscheiden sich bei uns übrigens für die thematisch fast noch besser passende Radtour “Osten Ungeschminkt”, die sich qua definitionem und dank unserer Guides viel mit dem DDR-Alltag beschäftigt.
In der vom Haus der Geschichte betriebenen Dauerausstellung “Alltag in der DDR” geht es, wie der Name schon sagt, nicht ausschließlich um Teilung und Stasi, sondern darum wie Menschen im Osten Deutschlands gelebt haben. Am Eingang empfangen einen erst einmal ein kurzer Text zum “Rückzug ins Private” und gewichtige Büsten bedeutender Männer (und einer (!) Frau) – Lenin, Ulbricht, Marx, Luxemburg et. al.. Die Wand hinter der Vitrine ist mit Propagandapostern der 60er bis 80er gepflastert, die in ihrer Gestaltung und mit dem überbordenden Pathos heute geradezu unschuldig bemüht wirken.
Die Eröffnung am Freitag hat eine ganze Reihe Politprominenz angezogen, u. a. waren der rauschebärtige Ur-Prenzlberger Thierse und der ehemalige Bundespräsident Köhler, der übrigens immer noch mit “Herr Bundespräsident angesprochen wird, vor Ort. Wir mussten lediglich einer angenehm kurzen Rede des Stiftungsleiters und zwei sehr starken Texte von Monika Maron lauschen, bevor der offizielle Teil mit Sekt und der eigentlichen Ausstellung entspannter weiter ging.
Die Ausstellung “Alltag in der DDR”
Schon seit Jahren gibt es am Alexanderplatz das privat finanzierte DDR-Museum mit einem ähnlichen Ansatz – DDR-Geschichte zum Anfassen. Im Gegensatz zu den privaten Betreibern kann es sich das aus Steuergeldern finanzierte Haus in der Kulturbrauerei allerdings erlauben, keinen Eintritt zu verlangen. Am ersten Tag war das Haus dementsprechend voll mit Menschen der unterschiedlichsten Herkunft: Italiener, Briten, Ossis, Wessis ….
Der Gefahr zur reinen Ostalgie-Show zu verkommen sind die Macher weitgehend entronnen. Auf insgesamt 600 m² teilt sich die Ausstellung in die zwei Bereiche “Arbeit” und “Leben”. Darüber hinaus erschließt sich der rote Faden jedoch nicht auf den ersten Blick, was das Vergnügen keinesfalls schmälert. Bei einer Führung durchs Museum werden viele Dinge klarer und was einem vorher als unzusammenhängend schien, bekommt nun Bezug zueinander. Wer den Alltag von 16 Millionen DDR-Bürgern zeigen will, muss natürlich auch Mut zur Lücke haben – schließlich ist der Alltag der Menschen so unterschiedlich wie die Menschen selbst. So bleibt nur, jeweils kleinen Lebensbereichen mit Hilfe von kurzen Texten und passenden Exponaten näher zu kommen. Die Vitrine zum Thema der aus dem Mangel geborenen Kreativität (eines der wahreren Klischees) ist gefüllt mit einem Rock aus Stoffresten und selbstgemachtem Schmuck, das Thema “wir benutzen keine kapitalistischen Worte” mit Bildern von Imbissen mit Grilletta und Ketwurst.
Die Durchdringung und Kontrolle aller Lebensbereiche der Bevölkerung ist eines der wichtigsten Herrschaftsinstrumente totalitärer Regierungen, insofern ist es nur konsequent den Einfluss des Staates auf den Alltag zu thematisieren – in Schule, Sport, Arbeit und im Urlaub. Dass mir das als spätgeborenem Wessi (ich war 15 beim Mauerfall) ein bisschen zu viel war, liegt wahrscheinlich an mehreren Faktoren, für die die Ausstellungsmacher wirklich nichts können. Erstens weiß ich deutlich mehr über Unterdrückung als darüber, was die Leute in der DDR gefrühstückt haben und bin mit vielleicht falschen Erwartungen angetreten. Zweitens sind die Jugenderinnerungen meiner Ostfreunde mittlerweile wahrscheinlich auch etwas verklärt. Und drittens ist es für mich schwer nachzuempfinden, wie umfassend der Staat Einfluss auf den Alltag seiner Bürger genommen hat.
Größere Exponate sind u. a. ein Trabi mit Dachzelt (mit tollem Lack), ein Ost-Wohnzimmer mit benutzbarem Sofa und eine halbe Datsche. Ich denke, dieses Haus wird sicher seinen Platz in der Erinnerungs- und Bildungskultur zur DDR-Geschichte finden. Und angesichts der Tatsache, wie voll das DDR-Museum meist ist (das ist auch nur 1.000 m² groß) und steigender Touristenzahlen, muss sich wohl keiner um ein plötzliches Ausbleiben der Besucherströme sorgen.
Museum in der Kulturbrauerei
Knaackstraße 97
10435 Berlin
Tel: (0 30) 46 77 77 9-0
E-Mail: berlin@hdg.de
Di – So | 10:00 – 18:00 Uhr
Do | 10:00 – 20:00 Uhr
Eintritt frei
Das sagt die Presse:
Ride Safe!
Sascha