Radtour Berliner Mauerweg
Mauertour: Von Lichtenrade nach Pankow – außen rum!
Einer der großen Nachteile daran, beruflich Radtouren durch Berlin zu veranstalten ist, dass man während des Sommers kaum dazu kommt, die eigene Liste mit lohnenden Velotouren abzuarbeiten. Umso schöner, wenn einen ein Spezialauftrag quasi dazu zwingt. In der nächsten Woche hat sich ein sehr sportlicher Journalist angekündigt, der den gesamten Mauerradweg fahren möchte. Ursprünglich sollte das Ganze sogar an einem Tag stattfinden, davon habe ich dann abgeraten, schließlich bin ich nicht nur Radler sondern auch Stadtführer mit entsprechendem Mitteilungsbedürfnis und vielleicht will der Gute Mann ja auch mal ein paar Bilder machen. Jedenfalls haben wir uns drauf geeinigt das in zwei Etappen zu machen, Teil 1 von der Bornholmer Straße nach Lichtenrade; Teil 2 dann vom S-Bahnhof Lichtenrade bis zur Bornholmer. Verlauf und Geschichten in der Innenstadt sind mir von unseren Mauertouren her hinlänglich bekannt, hinter Neukölln wird es dann aber langsam etwas mager mit Details und komplett abgefahren bin ich die Strecke das letzte Mal vor Jahren.
Grund genug also, sich die Strecke noch einmal vorzunehmen. Also treffen Martin und ich uns Montag morgen am S-Bahnhof Lichtenrade am südlichen Stadtrand und machen uns auf den 100km langen Weg entlang des ehemaligen Todesstreifens. Im Prinzip ist die Route auch für ortsfremde ganz gut zu finden, da der Mauerweg durchgängig ausgeschildert ist. Leider sind die Schilder relativ klein, farblich nicht gerade auffällig und zu allem Überfluss gerne auch mal zugewuchert oder von vorneherein so dämlich angebracht, dass man sie schlicht nicht findet. Es empfiehlt sich also zumindest eine Karte oder Smartphone mitzunehmen, besser noch Ihr macht das einfach mit einem Guide von uns; in 1, 2 oder mehr Etappen – ganz wie es beliebt und Euer Fitness-Zustand zulässt. Von Zeit zu Zeit sind orangefarbene Infosäulen am Wegesrand aufgestellt, die über spezifische, lokale Gegebenheiten der Grenzanlagen oder Ereignisse aufklären.
Auf perfektem Radweg geht es den Stadtrand entlang zur TV-Asahi-Kirschblütenallee. Hier konnten durch Spenden der Zuschauer des japanischen TV-Senders Asahi tausende Kirschbäume gepflanzt werden, um den Mauerfall zu feiern. Blühen tut zu dieser Jahreszeit natürlich keiner mehr, aber man kann sich gut vorstellen wie prächtig der Anblick im Frühling sein muss.
Wir folgen ein kurzes Stück dem Teltowkanal und verpassen zu unserem Glück eine Abzweigung. Dafür entdecken wir auf unserem Umweg ein Depot mit Mauerteilen. Hinterher finden wir heraus, dass genau hier die kleinen Mauerstücke herkommen, die man überall in Berlin kaufen kann, meist in einer Plastikdose die an einer Postkarte klebt.
Zwischendurch wird der Untergrund immer wieder schlechter, so dass wir froh sind nicht mit Rennrädern unterwegs zu sein. An vielen Stellen verläuft der Mauerradweg auf dem originalen Patroullienweg, der nicht asphaltiert sondern betoniert ist, mit unregelmäßigen Dehnungsfugen etwa alle 2-3 m, die einen ordentlich durchrütteln.
Wir überqueren die Autobahn etwa auf der Höhe des ehemaligen Grenzübergangs Dreilinden und statten dem rosa Schneeräumpanzer des Künstlers Eckhart Haisch einen Besuch ab. Der steht heute auf einem Sockel der zu Mauerzeiten einen sowjetischen T34-Panzer trug und Transitreisenden sowas wie ein Willkommensgruß entbot.
Am S-Bahnhof Griebnitzsee statten wir den Kollegen von Potsdam per Pedales einen kurzen Besuch ab, lassen die Glienicker Brücke – Schauplatz unzähliger Spionagegeschichten – links liegen und fahren das Wasser entlang auf der Westseite. Streng genommen müssten wir jetzt die Seite wechseln, um dem tatsächlichen Mauerverlauf weiter zu folgen. Leider kommt die Fähre erst eine 3/4-Stunde später und der offizielle Mauerweg führt ohnehin weiter zum Bahnhof Wannsee. Dort angekommen besteigen wir ein Boot nach Kladow. Die ca. 15-minütige Überfahrt nutzen wir, um unsere vorher beim Bäcker angelegten Vorräte zu dezimieren.
Ein kleiner Umweg führt uns zum sowjetischen Ehrenmal in der Schönholzer Heide, eine etwas kleinere Version des Mahnmals im Treptower Park, aber nicht minder beeindruckend. Nach guten 8 Stunden und 105 km auf dem Tacho erreichen wir die Bösebrücke am ehemaligen Grenzübergang Bornholmer Straße.
Fazit: ordentlich sportliche Runde mit landschaftlich schönen und abwechslungsreichen Ausblicken. Bei Interesse an einer Mauertour XXL meldet Euch einfach über unser Kontaktformular, wir stellen Euch eine schöne Radtour zusammen, in 1,2 oder wievielen Etappen auch immer, gerne mit Einkehr und Übernachtung, ganz wie es Euch gefällt.