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Berlin, deine Mauern

Sonntags Karaoke im Mauerpark Prenzlauer Berg

Berlin, deine Mauern

Berliner Mauer – Berlins bekannteste Mauer

Beim Thema Mauer und Berlin fällt einem selbstverständlich als erstes die Berliner Mauer ein. Am 13. August 1961 wurde der Westteil der Stadt über Nacht von Osten her abgeriegelt, zunächst mit Stacheldrahtrollen. 43 Kilometer zwischen Ost- und West-Berlin und weitere 112 Kilometer vom umliegenden DDR-Territorium aus. Damit war der Zugang für DDR Bürger nach West-Berlin nicht mehr möglich. Und auch die Westberliner konnten nicht mehr nach Ost-Berlin oder ins Umland. Erst nach fast zweieinhalb Jahren gab es zu Weihnachten 1963 erstmalig eine Besuchsregelung für West-Berliner für einen Tagesaufenthalt im Ostteil. Zu diesem Zeitpunkt war der Stacheldraht längst durch eine massive Mauer ersetzt. In den folgenden gut 25 Jahren wurden die Sperranlagen immer weiter ausgebaut, so dass der „Todesstreifen“ mit Hinterlandmauer, Wachtürmen, Licht-Trasse, Signaldrahtzäunen und Hundelaufanlagen für „Sperrbrecher“ aus dem Osten nahezu unüberwindlich wurde.

Guide mit Gruppe an der Mauergedenkstätte mit Wachturm

Diese Mauer kennt jeder, aber was ist mit den ganzen anderen Berliner Mauern?

Berlins mittelalterliche Stadtmauer

Doch Mauern gab es schon lange vorher. Wie jede ordentliche mittelalterliche Stadt war Berlin von einer Stadtmauer umgeben. Erste urkundliche Erwähnung Berlins, und damit aus heutiger Sicht das Gründungsdatum der Doppelstadt Berlin-Cölln, war im Jahre 1237. Auch die bis zu 5 Meter hohe Stadtmauer stammt aus dem 13. Jahrhundert. Ein 120 Meter langes Teilstück ist an der Littenstraße erhalten – der Abschnitt wurde 1948 bei Bauarbeiten entdeckt. Die Mauer bildete die Rückfront mehrerer Wohnhäuser, in einem befindet sich die historische Gaststätte „Zur letzten Instanz“. Der gesamte Mauerring um Berlin und Cölln war ca. 2,5 Kilometer lang.

Berlins mittelalterliche Stadtmauer um 1400

Das war Berlin und seine Stadtmauer um 1400. Der nördliche Teil der Spreeinsel ist noch unbebaut. Erst 1448 verlegte der brandenburgische Kurfürst seine Residenz von Tangermünde an der Elbe nach Berlin. Auf dem sumpfigen Nordteil der Insel wurde die erste kurfürstliche Residenz gebaut.

Reste der mittelalterlichen Stadtmauer in der Littenstraße

Reste der mittelalterlichen Stadtmauer in der Littenstraße

Berlin als Festungsstadt

Knapp 400 Jahre später ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm die Stadtmauer unter dem Eindruck des 30jährigen Krieges (1618 bis 1648) zu einer Festungsanlage ausbauen. Die Mauer wurde verstärkt und mit Wallanlagen und Bastionstürmen ergänzt, vorhandene Wassergräben wurden verbreitert und so ausgebaut, dass sie die gesamte Stadt umschlossen. Innerhalb des Festungsrings befand sich auch der neue Stadtteil Friedrichswerder, westlich der Spreeinsel. Die geschickte Politik des Kurfürsten sorgte dafür, dass Berlin von Krieg und Angriffen verschont blieb. Stattdessen prosperierte die Stadt, französische Hugenotten und jüdische Familien aus Wien wurden angesiedelt. Die Gattin des Kurfürsten, Luise Henriette von Oranien, zog Baumeister und Künstler aus ihrer holländischen Heimat an. 

Die umfangreichen Befestigungsanlagen waren ein Hindernis für die Stadtentwicklung und wurden bereits einige Jahrzehnte später wieder abgebaut. Mehrere Straßennamen erinnern noch an das Bollwerk – Wallstraße, Oberwallstraße, Niederwallstraße, Am Festungsgraben, Am Zwirngraben. Der Wassergraben blieb sogar noch bis ins 19. Jahrhundert erhalten, als zunehmend übelriechendes, fast stehendes Gewässer. 

Festungsanlage Berlin um 1700

Berlin als Festungsstadt – die gezackte Form der Verteidigungsanlagen mit ihren Bastionstürmen entsprach damals holländischen Standards für Festungsbauten (um 1700).

Berliner Zoll- und Akzisemauer

Um 1735 wurde dann eine neue Mauer gebaut. Anders als das Vorgängerbauwerk diente sie nicht ausschließlich dem Schutz vor Eindringlingen und der Verteidigung. Sie hatte wie die spätere DDR-Mauer auch eine Einsperr-Funktion. Die unterbezahlten Soldaten von König Friedrich Wilhelm I, auch Soldatenkönig genannt, sollten am Desertieren gehindert werden. Und die Mauer diente dem effektiven Eintreiben von Zöllen, daher auch ihr Name: Akzisemauer. Jeder der in die Stadt hinein oder hinaus wollte, konnte kontrolliert und zur Kasse gebeten werden. Auch auf dem Wasser. Die Fahrrinne der Spree wurde nachts mit Baumstämmen gesperrt, dem sogenannten Oberbaum, wo die Spree nach Berlin hinein floss, und dem Unterbaum, wo sie das neu umfriedete Stadtgebiet wieder verließ. 

Die Mauer war 3 bis 4 Meter hoch, einige Abschnitte im Nordosten und Osten wurden nicht aus Stein sondern als hölzerne „Palisade“ ausgeführt. Anfangs war der komplette  Mauerring 14,5 Kilometer lang, nach einigen Erweiterungen schließlich 17 Kilometer. Auch wurde die Zahl der Tore von 14 auf 18 erhöht. Vor allem im Südosten umschloss die Mauer viele noch unbebaute Flächen, während sie  im Norden und Osten direkt bereits bebautes Gebiet begrenzte. Es dauerte allerdings nicht lange, dass auch diese Flächen bebaut wurden und die Stadt wiederum über die Mauer hinaus wuchs.  Ab 1867 wurden die Akzisemauer und fast alle Tore abgerissen. 

Einziges erhaltenes Stadttor ist das Brandenburger Tor. Vier weitere Tore sind bis heute namensgebend für Berliner U-Bahnhöfe (nur der U-Bahnhof Frankfurter Tor ist ein Fake, er liegt ein ganzes Stück östlich des einstigen Tores in der Akzisemauer). Auch diverse Straßennamen erinnern an die Zollmauer, wie Torstraße, Linienstraße (auf der Innenseite der Mauer), Platz vor dem Neuen Tor, Palisadenstraße, Oberbaumbrücke und Unterbaumstraße.

Karte Berliner Zoll- und Akzisemauer

Die Zollmauer des Soldatenkönigs mit allen Stadttoren. Ab 1867, nach rund 130 Jahren, wurde sie abgerissen.
(Von Sansculotte – Eigenes Werk, CC BY-SA 2.5)

Berliner S-Bahn-Ring

Gerade 15 Jahre nach dem Abriss der Akzisemauer wurde ein neues ringförmiges Bauwerk eröffnet, mit 37 Kilometern Umfang gut doppelt so lang. Allerdings war es weder als Verteidigungsring, noch als Zollmauer und auch nicht als Grenze zwischen Stadt und Umland gedacht. Und doch hat es den Charakter einer innerstädtischen Grenze:  Man wohnt „innerhalb des S-Bahn-Rings“ – das trifft auf 1,2 Millionen Berliner zu – oder „außerhalb des S-Bahn-Rings“, hier leben 2,2 Millionen Menschen. Die Umrisse der Ringbahn-Linie auf dem Berlin-Stadtplan gaben dem Verkehrsbauwerk einen skurrilen Namen: Großer Hundekopf. Seltsamerweise, trotz ihrer sprichwörtlichen Liebe der Berliner zu Spitznamen, hat sich der Hundekopf in der Bevölkerung nicht durchgesetzt:  Vor allem kennen Eisenbahner und Stadtplaner die Bezeichnung. 

Immer wieder taucht die Diskussion über eine City-Maut für Autofahrer auf. Dabei würde aller Voraussicht nach der S-Bahn-Ring zur mautpflichtigen Zone. Schon jetzt dürfen Kraftfahrzeuge mit zu hohem Schadstoff-Ausstoß nicht in den Hundekopf hineinfahren. Wäre jede Unterführung oder Brücke, die in den Ring hineinführt, ein Stadttor, gäbe es 60 Tore. Fußgänger und Radfahrer können noch einige zusätzliche Durchlässe nutzen.

Karte Berliner S-Bahn von 1877

Der „Große Hundekopf“ auf einer Karte von 1877. Weite Gebiete innerhalb des Rings waren damals noch nicht bebaut. Heute reicht Berlin weit über den S-Bahn-Ring hinaus.

Karte S-Bahn-Ring Berlin - Der große Hundekopf

Genau 1 Stunde dauert die komplette 37 Kilometer lange Rundfahrt mit der Ringbahn. 27 Stationen gibt es. Für Kraftfahrzeuge gibt es 60 Ein- und Ausfahrten, für Fahrräder und Fußgänger sind es etwas mehr. (Von Robert Aehnelt CC BY-SA 2.5)

Kleiner Nachtrag zur Festungsanlage Berlin. Sie wurde mangels feindlicher Angriffe auf die Stadt ja niemals gebraucht. Und trotzdem gibt es kaum einen Berliner, der heute nicht von ihr profitiert. Als die Hauptstadt nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 rasant wuchs, benötigte man eine leistungsfähige Ost-West-Bahnverbindung. Doch die Innenstadt war schon viel zu dicht bebaut, um dort Gleise zu verlegen. Aber es gab noch den ziemlich übelriechenden Wassergraben aus dem 17. Jahrhundert. Der wurde einfach zugeschüttet und so verläuft die sogenannte Stadtbahn mit 2 Fernbahn- und 2 S-Bahngleisen von Jannowitzbrücke über Alexanderplatz und Hackescher Markt bis zur Museumsinsel genau auf dem ehemaligen Festungsgraben. Das erklärt auch den kurvenreichen Verlauf dieser Strecke.

Die Überreste der verschiedenen Berliner Mauern könnt Ihr Euch natürlich auf einer unserer Fahrradtouren wie der Überblick-Tour oder natürlich der Mauertour anschauen.