Klapprad-WM Berlin
Ohne Bart kein Start…
Unter diesem Motto fand am vergangenen Samstag der sehr lustige, wenn auch karnevaleske, World-Klapp statt. Insgesamt 32 Mannschaften machten sich auf die drei Runden in der 1,8 km langen Merkel-Raute vorbei an Kanzleramt, sowjetischem Ehrenmal, Brandenburger Tor und Reichstag – also mitten im Kerngebiet unserer Sightseeing-Runde Berlin im Überblick.
Style ist (fast) alles beim World-Klapp 2014 in BerlinDie Teilnahmeregeln der Klapprad-WM sind relativ übersichtlich:
- Schaltungsfreies Klapprad aus den 70ern mit 20-Zoll-Reifen
- Einheitlicher Teamdress – gerne albern
- Schnauzbart (notfalls wurde vor Ort nachgetrimmt oder angeklebt)
- Kenntnis von Hymne und Schwur
…Was mich zu dem Punkt bringt, an dem ich als eingefleischter Berliner und Kind der 90er doch beinahe die Fassung verloren hab. Vorab: ich hab wirklich nichts gegen Karneval und seine Riten per se – aber persönlich möchte ich insbesondere mit dem entsprechenden Liedgut nichts zu tun haben – da fehlt mir einfach das ironische Potential, um mich über die eigene Coolness wirkungsvoll hinweg zu setzen. Traurig aber wahr. Als dann ein Herr namens Hannes Freistadt sich durch seine Ludwigshafen-Hymne (“sogar das Gemüse fühlt sich wohl – wir haben den dicksten Kohl” – hihi) kalauerte, hab ich erst gekichert und dann schnell mein bestes Berliner Sauertopf-Gesicht aufgesetzt, damit auch ja keiner auf die Idee kommt, ich könnte das irgendwie gut finden. So weit so gut, warum man dann aber als Beweis des eigenen Frohsinns einen Schwarzen als König Bansah im vermeintlich traditionellem Gewand in gebrochenem Deutsch den Unsinns-Schwur verlesen lassen musste, hat sich mir nicht erschlossen. Das kann aber durchaus an meiner derzeit arg strapazierten Political Correctness sein.
Ein Auszug aus Rede/Schwur
Genug der Kritik: Alles in Allem hat’s dann doch gepasst und es war irgendwie lustig, zumal sich hier schon mal Gelegenheit bot einige Outfits in Augenschein zu nehmen. Schon hier wird klar, dass trotz der ganzen Albernheit und lustigen Verkleidungen ein echter Wettkampf mit sportlichen Höchstleistungen zu erwarten war. Ernste Gesichter und hochgezüchtete Rennmaschinen bei etlichen Teams bestimmen das Bild, als schließlich gegen 17 Uhr die erste Mannschaft auf die Strecke geht.
In einem Wort: Unfassbar! Während manche 4er-Teams auch mal ein paar Extra-Schlenker einbauen, um Freunde an der Strecke abzuklatschen, gibt es Mannschaften die tief gebückt als belgischer Kreisel unterwegs sind und sich lautstark gegenseitig nach vorne pushen. Ändert nichts daran, dass es einfach ein schöner Anblick ist; ausgewachsene und nicht mehr ganz junger Kerle (und Damen) fahren zusammengefaltet auf 40 Jahre alten Klapprädern ihre Schnauzer spazieren und verausgaben sich dabei bis zum Kollaps – bzw. bis zum ersten Bier.
Kurz vor der Siegerehrung drängten sich auf einmal haufenweise Fotografen um einen Kerl, der mir vage bekannt vorkam und sich grimassierend in Pose schmiss. Obwohl ich mir die Blöße eigentlich nicht geben wollte, fragte ich einen der Profis “Muss man den kennen?” die Antwort war ebenso aufschlussreich wie wertlos “Keene Ahnung, ick fotografier den bloß weil alle dit machen, der Redakteur wird schon wissen wer dit is”. Irgendwann dämmerte es mir: Bürger Lars Dietrich – Ihr wisst schon “Sexy Eis“? Eine kurze Recherche ergibt dass BLD schon seit einigen Jahren bei diversen Aktionen für den Sponsor des World-Klapp Capri Sonne unterwegs ist. Passt ja irgendwie 70er, Schnauzbart und so…
Die Siegermannschaft, die Mad Kinxx, kam dann übrigens aus Berlin und hat der versammelten Pfälzer Weltelite die Hinterräder gezeigt und sah dabei dennoch hinreißend albern aus. Die dabei gefahrene Zeit überrascht: 8:19 auf 5,4 km, das entspricht einem Schnitt von guten 40 km/h. Die schnellsten Teilnehmer die am Sonntag die 60 bzw. 120 km des Velothon mit dem Klapprad zurückgelegt haben, kamen beide auf einen Schnitt von fast 36 km/h – auf 20 Zoll-Reifen; ohne Gangschaltung.
Noch ein paar Bilder vom World-Klapp 2014:
Beim SWR gibts auch einen ganz netten Beitrag, der versucht zu klären, was die Veranstaltung letztlich aus dem Ludwigshafener Klappodrom nach Berlin verschlagen hat.
FAZIT: Jederzeit wieder – wer weiß, vielleicht gibt es nächstes Jahr eine BoB-Mannschaft!
Bis dahin Ride Safe!
Sascha