Brandenburg Radtour von Eberswalde nach Angermünde
Erkundung der Schorfheide
Von Eberswalde nach Niederfinow
Es ist Montagmorgen, 30° sind angesagt und wir haben frei; also wuchten wir unsere Räder am Hauptbahnhof flugs in den Regionalexpress nach Eberswalde (ca. 12€ für Mensch und Rad), um das Projekt “Umlanderkundung” weiter voran zu treiben. Wie schon beim letzten Mal haben wir uns den Nordosten Berlins für unsere Fahrradtour durch Brandenburg ausgeguckt, vor allem weil ich es bisher immer versäumt hatte, mir das Schiffshebewerk in Niederfinow anzuschauen. Noch ein Argument sind die großzügig über die Landschaft verstreuten Seen, in denen man sich an einem solchen Tag abkühlen kann und sollte.
Vom Bahnhof Eberswalde aus, dauert es gerade einmal fünf Minuten bis man am Finowkanal anlangt. Der Kanal, erbaut in den Jahren 1605 bis 1620 unter Kurfürst Joachim Friedrich von Brandenburg verbindet Oder und Havel und stellt die älteste noch genutzte künstliche Wasserstraße Deutschlands dar. Nach Verwahrlosung im 30-jährigen Krieg, wurde unter dem alten Fritz der Kanal erneut ausgebaut und das im Grunde genommen bis heute bestehende Schleusensystem erdacht. Mittlerweile ist die Wasserqualität auch wieder gut, die Ufer teilweise renaturiert und der ehemalige Treidelpfad ist zu einem Wander- und Radweg ausgebaut. Von Schilf gesäumt und mit Seerosen bedeckt schlängelt sich der Kanal, ganz anders als sein wenige km nördlich gelegenes, jüngeres Pendant Oder-Havel-Kanal, den landschaftlichen Begebenheiten folgend bis nach Liepe, wo die beiden Gewässer sich vereinen.
Architektonisch sehenswert auf dem Weg dorthin ist auf jeden Fall die alte Städtische Badeanstalt Eberswalde aus den 20er Jahren, die gerade wieder unter dem Namen Marinapark Eberswalde aufersteht.
Kurz danach halten wir uns ein bißchen nördlich um auf einer neugebauten Brücke über den Oder-Havel-Kanal einen ersten Blick auf das Schiffshebewerk und fahren weiter auf der wenig befahrenen L291 Richtung Liepe. Hier stellen wir das erste Mal fest, dass diese Ecke Brandenburgs nicht ganz so flach ist, wie wir das dachten – allerdings geht es erstmal bergab Richtung Geschwindigkeitsrekord (wir waren fast ein bißchen traurig, dass es keine Blitzer gab. Kurz vor dem Ortseingang biegen wir scharf rechts ab und fahren ein kurzes Stück zurück um das ebenfalls in den 1920ern erbaute Schiffshebewerk Niederfinow genauer unter die Lupe zu nehmen. Dieser Koloss aus Stahl ist im Grunde genommen ein riesiger Fahrstuhl mit einer Wasserwanne statt Kabine. Insgesamt wiegt dieser Trog mit Wasser und Booten schlappe 4.300 Tonnen. Durch genau so schwere Gegengewichte reichen vier eher kleine Elektromotoren mit 55 kW dafür aus, Schiffe und Wasser über 30 m herauf oder herabzubefördern. Das ganze dauert ca. 2 Minuten ist ein doch ziemlich unwirkliches Schauspiel. Direkt daneben entsteht derzeit ein modernes, größeres Schiffshebewerk, das Alte war für den gestiegenen Verkehr auf dem Oder-Havel-Kanal einfach zu klein geworden.
Von Liepe nach Brodowin
In Liepe nehmen wir den Abzweig Brodowiner Straße Richtung und erleben das einzige etwas unangenehme Stück auf dieser Radtour. Bei 12-15% Steigung und Katzenkopf-Pflaster quälen wir uns bei mörderischer Hitze gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit bergan, bevor rechts der Straße ein schmaler Waldpfad das Radeln wieder angenehm macht. Etwa auf halber Strecke öffnet sich links von uns eine märchenhaft anmutende Moorlandschaft – der Plagefenn. Leider bin ich nach zwei Minuten Fotostopp so zerstochen, dass wir beschließen dieses Naturwunder (Norddeutschlands 1. Naturschutzgebiet) wahlweise im Winter oder im Imkeranzug erkunden werden.
Am Ende des Waldstücks liegt das Ökodorf Brodowin, dass genau so aussieht wie man sich das als landwirtschaftsferner Großstädter vorstellt. Viele kleine, alte Höfe, ein Keramikladen, eine Ziegenkäserei und mittelalte Männer auf uralten Traktoren und drum rum Schafe und Felder. Für uns aber ist es langsam Zeit sich abzukühlen, also radeln wir ein Stück weiter zum Parsteiner See. Auf einem kleinen Werder liegt ein sehr schöner Naturcampingplatz, an dem ein Kollege schon des Öfteren ein Wochenende verbracht hat. Leider habe ich diesen Platz nicht online gefunden. Der andere Campingplatz, der sich auch im Netz finden lässt und ganz am östlichen Ende des Sees ist, hat zwar sehr günstiges Bier und Kuchen ist aber nicht halb so schön, falls Ihr mal in Brandenburg campen wollt. Das Wasser bleibt lange flach und ist sehr klar, diverse Libellenarten haben es sich am Ufer und in den Zu- und Abläufen gemütlich gemacht.
Vom Parsteiner See nach Angermünde
Über wenig befahrene Straßen fahren wir Richtung Angermünde. Da wir sportlich noch etwas unbefriedigt sind und uns schon wieder ziemlich warm ist, erweitern wir unsere Radtour um einen kleinen Schlenker zum Wolletzsee. Das dortige Strandbad, was uns im Vorfeld angepriesen wurde hatte natürlich zu (Montag in Brandenburg). Am Ufer reihen sich kleine Pfahlhäuser aneinander und verbreiten ein irgendwie nordisches Flair, versperren leider aber auch auf einer Seite komplett den Zugang ans Wasser. Auf der gegenüberliegenden Seite erkennen wir aber eine schön gemauerte Badestelle, die uns den Blick auf die Häuschen freigibt.
Nachdem wir uns noch einmal ausgiebig abgekühlt haben, bleiben wir auf den letzten paar Kilometern nach Angermünde langsam genug, um nicht wieder zu überhitzen. Nach knapp 70 km (und doch etlichen Höhenmetern) bringt uns der gleiche Regionalexpress in gerade einmal 45 Minuten zurück nach Berlin.
Fazit: landschaftlich schöne und abwechslungsreiche Radtour, mit ein paar Highlights am Wegesrand.