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Berlin in Farbe

a group of people walking in the snow

Aus schwarz-weiß wird bunt

Egal wie wir uns anstrengen, unsere Vorstellung von der Vergangenheit ist stark geprägt, von den Bildern die wir aus der entsprechenden Epoche kennen. Im schlimmsten Falle, denken wir die alten Römer sahen aus wie Russell Crowe, im günstigsten Fall ist dieses Bild einfach schwarz-weiß. Das geht tatsächlich so weit, dass ich auf einer Mauer-Radtour schon von Schülern gefragt wurde, ob es in der DDR überhaupt Farbe gab, weil die meisten Bilder, die ich zeige, nun mal schwarz-weiß sind. Noch extremer wird es natürlich, wenn man noch weiter zurückschaut ins Berlin der Vorkriegszeit. Damals gab es so gut wie kein Farbfilm-Material, so dass es extrem wenige Aufnahmen in Farbe aus dieser Zeit gibt.

In letzter Zeit sind jedoch einige Aufnahmen aufgetaucht, die teilweise über 100 Jahre zurückreichen (teilweise nachkoloriert), die einem vor Augen führen wie viel Distanz monochrome Bilder zum Betrachter herstellen. Auf einmal wirkt das Berlin der vorletzten Jahrhundertwende gar nicht mehr so weit weg und es fällt einem deutlich leichter einen Bezug zu unserer Gegenwart herzustellen:

Wochenschau-Bilder (und Kommentare) aus dem Jahr 1935 sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Ganz klar, dass diese Aufnahmen in erster Linie Propaganda sind und auch schon 4 Jahre vor Kriegsausbruch ein geschöntes Bild vom Leben unter der Herrschaft der Nationalsozialisten zeigen. Dennoch ist es faszinierend zu sehen wie farbenfroh das Leben auf der Straße doch war, trotz der hässlichen braunen Klamotten von Hitlers Schergen. Krawatten, Werbung, Sonnenschirme und Ähnliches sind deutlich bunter als ich es mir ausgemalt habe und das blutrot der omnipräsenten Hakenkreuzfahnen entfaltet ein ganz eigentümliches Gefühl der Bedrohung, das sich so intensiv  in schwarz-weiß  einfach nicht einstellt:

Die in diesen Bildern gezeigten S-Bahnen waren in Berlin übrigens bis vor wenigen Jahren noch im Einsatz – inklusive der Option während der Fahrt die Türen einfach aufzumachen. Ein Grund wieso die S-Bahn nach dem Mauerbau in Grenznähe nur mit Höchstgeschwindigkeit gefahren ist.
10 Jahre später sieht das Bild deutlich trostloser aus. Bei einem Flug über die Stadt dokumentiert die US AirForce unmittelbar nach Kriegsende die Zerstörung der Stadt. Auch wenn Berlin nicht so stark zerstört wurde wie bspw. Köln oder Hamburg ist die Verwüstung doch atemberaubend und es scheint kaum vorstellbar, wie inmitten dieser Trümmerwüste über 2 Millionen Menschen überleben. Mittlerweile verschwinden aber auch die allerletzten Spuren langsam aber sicher aus dem Stadtbild, die letzten von Bomben und Artillerie geschlagenen Baulücken werden geschlossen und die letzten Einschusslöcher an Fassaden überputzt. Besonders schön an diesem Video sind die praktischen Label, die es einem erleichtern sich zu orientieren:

 

Nicht viel besser sieht es im Juli 1945 auch vom Boden aus aus, wobei es faszinierend ist zu sehen, wie viel Leben auf den Straßen herrscht. Allerdings ist davon auszugehen, dass allein die Beschaffung von Nahrung und Wasser für die meisten Menschen eine Vollzeitbeschäftigung war.

 

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