26/04/89: Honecker about Hungary/über Ungarn
Honecker loosing his grip on reality
Just days before the border between Austria and Hungary is opened, Erich Honecker, chairman of the Zentralkomitee (Central Committee) of the Socialist Unity Party (SED) is worried about the situation with his neighbours. Using a language that’s equally stinted and oldschool, he rambles on and on about the difficulty the Hungarians have keeping their people in line – completely ignoring the fact, his own party isn’t fairing much better. If you read the whole text, its almost comical how shiftless he is.
As a small proof how distanced from reality these guys were, just weeks before the end of their world, here’s a little excerpt. Although any translation will loose a lot of the awkwardness it has in this legaleese, socialist German.
“Comrades! The utterances of the USAP general secretary (the Hungarian socialists) show that the Hungarian party leadership is obviously not willing to defend their political power.
The process by which socialist power, accomplishments and values erode has sped up and penetrated all parts of society. Economic and social difficulties mount. Discord, division and a political-ideological confusion from the top to the bottom of the party, are increasingly reducing its fighting power.
Forces in opposition to the political course of the USAP, formulate openly anti-socialist positions and have organized themselves. They increasingly set the agenda. Trust between party and people is widely destroyed.”
It’s so strange, his own country is literally in the same situation or as close as can be and Erich is worried about the Hungarians, because no-one really tells him the truth, which means he keeps hidden behind his giant glasses until ousted.
Honni verliert langsam den Durchblick
Nur wenige Tage vor der Öffnung der grünen Grenze zwischen Ungarn und Österreich, äußert sich der Vorsitzende des Zentralkomitees der SED zur Lage in Ungarn. In einer Sprache, die seltsam aus der Zeit gefallen scheint, schildert er lang und breit die Schwierigkeiten der ungarischen Staats- und Parteiführung, ohne dabei freilich darauf einzugehen, dass seiner Partei gerade ein ganz ähnlicher Kontrollverlust droht. Das ganze Schriftstück liest sich ziemlich hilflos, wenn Honecker sich in kruden Rechnungen verliert, z. B. über die künftige Entwicklung der Parteimitgliedschaften oder geplante Quoten zur Verteilung der Parlamentssitze.
Als kleine Kostprobe für den doch ziemlich offensichtlichen Realitätsverlust des Mannes sei hier nur mal ein Absatz zitiert. Den vollständigen Text des Schreibens als PDF findet Ihr hier:
“Liebe Genossen! Die Ausführungen des Generalsekretärs der USAP lassen erkennen, daß die ungarische Parteiführung offensichtlich nicht über den Willen verfügt, die politische Macht zu verteidigen.
Der Prozeß einer spürbaren Erosion sozialistischer Machtverhältnisse, Errungenschaften und Werte hat sich beschleunigt und alle gesellschaftlichen Gebiete ergriffen. Ökonomische und soziale Schwierigkeiten nehmen zu. Uneinigkeit, Spaltungserscheinungen sowie politisch-ideologische Verwirrung von der Spitze bis hin zur Basis untergraben zusehends die Kampfkraft der Partei.
Kräfte, die zum politischen Kurs der USAP in Opposition stehen und offen antisozialistische Positionen beziehen, haben sich organisatorisch formiert. Sie zwingen in wichtigen Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung der USAP zunehmend das Gesetz des Handelns auf. Das Vertrauensverhältnis von Partei und Volk ist weitgehend gestört.”
Das eigene Land beginnt grad auseinander zu fallen und Erich sorgt sich um die Durchsetzungsfähigkeit der sozialistischen Bruderpartei in Ungarn. Irgendwie verfestigt sich immer mehr der Eindruck das der Mann wirklich nicht mehr all zu viel mitbekommen hat und sich in eine rosarote, klassenkämpferische Traumwelt zurück zog. Das funktioniert natürlich auch nur dann, wenn die lieben Kollegen der Meinung sind, dass der Chef die Wahrheit nicht verträgt….
Fluchten im April
Im April ist insgesamt knapp 6.000 (5.887) DDR-Bürgern die Flucht in den Westen gelungen, fast ebenso Vielen, nämlich 4.996 ist die Ausreise genehmigt worden. Einer der spektakulärsten Fluchtversuche ereignete sich ebenfalls am 26. April als ein junger Mann in Glienicke im Norden Berlins versucht, die Sperranlagen mit einem LKW zu durchbrechen und dann im losen Sand stecken bleibt. Der 21-jährige wird festgenommen und noch im Sommer 1989 zu 3,5 Jahren Haft verurteilt.
Besonders perfide; die Schäden an den Grenzanlagen in Höhe von rund 12.000 Mark wurden dem Flüchtenden ebenfalls in Rechnung gestellt. Ich wäre ja schon neugierig zu erfahren, ob der finanzielle Teil der Strafe dann noch tatsächlich geleistet wurde. Es wäre ein ziemlicher Witz, wenn da noch Geld geflossen wäre.