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Berlin on Bike buddelt – in Geschichte.

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Berlin on Bike buddelt – in Geschichte

Ausgrabung in Berlin Mitte

Berlin ist gerade gefühlt so was wie die heimliche Hauptstadt der Baukräne und Betonmischer, überall wird gebuddelt und gewerkelt. Ob nun für die U-Bahn oder das Stadtschloss. Für Geschichtsbegeisterte  hat das jedoch einen positiven Nebeneffekt: überall treten Zeugen der Vergangenheit zu Tage. Wenn in den vergangenen Jahrzehnten neu gebaut wurde, ist das, was nicht im Weg war meist einfach überbaut worden. Mittlerweile werden bei größeren Bauprojekten fast standardmäßig Archäologen hinzugezogen, weil sich eigentlich immer irgendwas findet. Gerade im Herzen der Stadt, wo die Ursprünge Cöllns und Berlins liegen, wird derzeit besonders fleißig gebaut und ausgegraben. Am vergangenen Mittwoch hat das Grabungsteam an der Breiten Straße eine öffentliche Führung veranstaltet, die wir uns angeschaut haben.  Wenn ihr selbst mal einen Blick auf das Areal werfen wollt, empfiehlt sich unsere Tour Berlin im Überblick.

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Backgammon im Berliner Mittelalter

Spektakulärster Fund:  ein Spielstein, der vermutlich für so etwas wie eine Backgammon-Variante eingesetzt wurde. Wobei wir von einem der anwesenden History-Nerds im fortgeschrittenen Alter aufgeklärt wurden, dass das “Trick-Track” hieß. Keine Ahnung woher der Mann so genau weiß, was die damals gespielt haben und wie es genannt wurde, aber bei solchen Veranstaltungen scheint es immer jemanden zu geben der sich sein Wissen wie Orden an die Brust heftet, frei nach dem Motto “Meiner ist Größer”.

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Ermelerhaus

Unser Guide war vermutlich eine an der Ausgrabung beteiligte Studentin, kann aber auch was ganz anderes gewesen sein. Sie hat sich leider nicht so richtig vorgestellt oder so leise, dass sie vom Klicken der Kameras übertönt wurde. Gegenstand der Ausgrabung war das Gelände an der Breiten Straße in Berlin Mitte, auf dem sich bis zur Wende das DDR-Bauministerium befand. Ursprünglich befand sich hier das sogenannte Ermelerhaus (Wikipedia), ein Anfang des 18. Jahrhunderts errichtetes und mehrfach umgebautes Bürgerhaus, dass – wie sollte es anders sein – von der DDR-Staatsführung abgerissen wurde. Irgendwie mussten die demonstrierenden Massen, die auf dem ehemaligen Schlossplatz Fahnen schwingen sollten, ja an den Ort des Geschehens kommen. Dafür hat man sich mit dem Abriss bis 1968 Zeit gelassen und ist das Projekt etwas gründlicher angegangen als beim ursprünglichen Stadtschloss. So hat man vor der Errichtung der Plattenbauten für das Ministerium etliches gerettet, in erster Linie von der Innenausstattung und vor allem den Bau ordentlich dokumentiert. Das im Jahr 1969 fertig gestaltete Gebäude gleichen Namens am Märkischen Ufer (siehe letztes Bild)  ist jedoch kein Wiederaufbau im klassischen Sinne, sondern eigentlich ein Neubau mit einzelnen Räumen und Fassadenelementen, die erhalten geblieben sind.

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Kaufhaus Hertzog

Den größten Teil des Geländes nahm seit Mitte des 19. Jahrhunderts das Kaufhaus Hertzog ein.  Dieses von Rudolph Hertzog (Wikipedia) gegründete Warenhaus war zwischenzeitlich das Größte in Berlin und auch aus anderem Grunde etwas Besonderes. Hertzog war einer der ersten, die mit Festpreisen und Versandhandel experimentiert haben, zu einer Zeit, da auch im Kaufhaus, die Preise ausschließlich vom Verhandlungsgeschick des Einzelnen bestimmt wurden. Oberirdisch ist vom Kaufhaus lediglich das Gebäude in der Brüderstraße 15 erhalten geblieben.