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Berlin-Brandenburg-Radtour von Pankow nach Wandlitz

Suchbild mit Bike-Guide, Martin im Rapsfeld

Mit dem Rad durch Berlins Norden

Kurzfassung für Lesefaule: Radtour, erst Pankow, dann Bernau, später Bunker, Raps und Wald, lecker Essen, Kiesgrube-Durchquerung, großes Glücksgefühl.

Für die ganz ungeduldigen gibt es am Ende des Artikels eine Route, die allerdings ab Hobrechtsfelde relativ direkt nach Wandlitz führt.

Bei aller Liebe zum Großstadttrubel zieht es uns gelegentlich doch ins Grüne. Nach so extrem geschäftigen Tagen wie rund um Himmelfahrt ist das gleich noch mal doppelt dringlich, zumal das Wetter endlich mitspielte und wir den Frühling quasi übersprungen haben, um direkt vom Berliner Winter in den Sommer zu schlüpfen. Außerdem ist dies eh die schönste Jahreszeit für eine Radtour, alles blüht (nicht nur die Kirschen am Mauerradweg, liebe Berliner), aber es ist noch nicht so heiß, dass Massen an Großstädtern das Umland auf der Suche nach Abkühlung durchpflügen.

Beste Radtour-Kulisse: die Brandenburger Apfelblüte.

Beste Radtour-Kulisse: die Brandenburger Apfelblüte.

Wie bei unseren öffentlichen Touren auch, starten wir gegen 10 Uhr im Prenzlauer Berg. Statt Richtung Innenstadt wenden wir unsere Drahtesel aber nach Norden, durchrollen Pankow relativ zügig und folgen ab der Autobahnabfahrt erstmal dem wunderschönen Pankeweg. Auf rennstreckentauglichem Asphalt begleiten wir das Flüsschen stromaufwärts, der dem Bezirk seinen Namen gab und erfreuen uns am Spiel von Licht und Schatten und dem Glitzern des träge fließenden Wassers bis nach Karow.

Reißende Flüsse und wilde Tiere, Brandenburg ist Abenteuerland ;-), Martin beim Durchfahren der Panke

Reißende Flüsse und wilde Tiere, Brandenburg ist Abenteuerland ;-), Martin beim Durchfahren der Panke

Wir beschließen einen spontanen Umweg über die Karower Teiche. Ursprünglich war das Gebiet ein Moor, das im 19. Jahrhundert zum Zweck des Torfabbaus entwässert wurde. Um die vorletzte Jahrhundertwende wurde die Gegend Teil des Berliner Abwassersystem, für das maßgeblich Rudolf Virchow verantwortlich war. Um Karow fand die sogenannte Nachreinigung statt, nachdem die weiter nördlich gelegenen Rieselfelder um Buch und Hobrechtsfelde die Vorarbeit geleistet haben. Nach Aufgabe der Rieselfelder und einigen Schwierigkeiten hinsichtlich Bodenbelastung, Verlandung und falscher Artenwahl steht das Gebiet als Feuchtbiotop seit 1994 unter Naturschutz und hat sich seitdem zu einer der artenreichsten Flächen in Berlin entwickelt. Dutzende Vogelarten, Reptilien und Insekten, die sich kaum sonst irgendwo im Stadtgebiet zeigen, tummeln sich hier auf kleinster Fläche. Rund um die Teiche ist eine klassische Weidelandschaft angelegt, auf der alte Rinderrassen die Landschaftspflege übernehmen. Offene Wiesen wechseln sich mit kleinen Waldstücken und Feuchtgebieten ab, immer wieder säumen Apfelbäume den Wegesrand, am Himmel ziehen Graugänse meckernd von Teich zu Teich und Reiher staksen durchs Röhricht. Ein echtes Naturparadies.

Storch, Reiher? Bin leider ganz schlecht mit Flora und Fauna, wenns jemand weiß, lass ich mich gern belehren.

Storch, Reiher? Bin leider ganz schlecht mit Flora und Fauna, wenns jemand weiß, lass ich mich gern belehren.

Mittlerweile macht sich der erste Hunger bemerkbar und wir beschließen erstmal Richtung Bernau zu radeln und uns dort zu verpflegen. Auf Gut Glück in die richtige Richtung fahren geht in der Gegend allerdings nicht wirklich gut, weil man nur allzu oft in einer Sackgasse in Gestalt einer Autobahn oder Bahnlinie landet. Glücklicherweise hält sich das heute dank unserer überragenden Orientierung in Grenzen (ahem) obwohl wir gefühlte 438 U-Turns vornehmen, weil wir’s uns spontan anders überlegen.

Werk aus dem Skulpturen-Symposium "Steine ohne Grenzen" nahe Hobrechtsfelde.

Werk aus dem Skulpturen-Symposium “Steine ohne Grenzen” nahe Hobrechtsfelde.

Vorbei am Gut Hobrechtsfelde (natürlich alles zu, wir sind schließlich in Brandenburg und es ist Montag, dafür waren die Leute wenigstens unfreundlich; schön wenn man sich auf manche Sache verlassn kann) und den Steinen ohne Grenzen erreichen wir schließlich Bernau mit seiner schön erhaltenen Stadtmauer mit seinen imposanten Toren. Nach kurzem Suchen finden wir ein offenes Restaurant, das bereit ist, uns zu verpflegen (Nimm das Rainald Grebe). Das Ganze ist zwar kein wirklich billiges Vergnügen, aber das Essen im “Schwarzen Adler” ist wirklich exzellent und jeden Cent wert. Zur Begrüßung werden wir mit einem Orangen-Basilikum-Sorbet in Hugo begrüßt – himmlisch. Mein Galloway-Ragout und Martins Kalbschnitzel mit Spargel haben wirklich nichts zu wünschen übrig gelassen.

Normalerweise gar nicht unser Style Essen zu posten, aber das war einfach zu gut, um es für uns zu behalten.

Normalerweise gar nicht unser Style Essen zu posten, aber das war einfach zu gut, um es für uns zu behalten.

Damit uns das Fresskoma nicht komplett ausbremst machen wir uns rasch wieder auf den Weg Richtung Lobetal, wo sich in einem Waldgebiet der Marinebunker “Koralle” befinden soll. Das, was wir gefunden haben, ist vermutlich nicht der von uns gesuchte Bunker, aber die Warnschilder mit Totenköpfen und die rostigen Metallteile im Waldboden entschädigen ein bisschen – wir müssen wohl nochmal suchen gehen. Abgesehen davon ist der Wald hier wunderschön. Nicht das dunkle Dräuen von Fichten-Monokultur, sondern lichter Mischwald in sanfter Hügellandschaft bestimmt das Bild.

Na, wer traut sich gegenzutreten?

Na, wer traut sich gegenzutreten?

Die ganze Zeit begegnet uns keine Menschenseele, außer direkt in den Ortschaften und es ist wie immer bei den ersten Ausfahrten schwer zu glauben, dass wir tatsächlich noch im direkten Umland Berlins sind und nicht weit in der ostsibirischen Tiefebene. Mit mittlerweile 50 km in den Beinen beschließen wir Richtung Nordwesten zu fahren, um in Wandlitz einen Regio nach Berlin zu erwischen. Als wir einen Wandererwegweiser zum Liepnitzsee finden, folgen wir ihm frohgemut in der Annahme, dass der abenteuerliche Teil der Radtour mit Bunkern und Nahrungsbeschaffung hinter uns liegt.

Jetzt ist Schieben angesagt.

Jetzt ist Schieben angesagt.

Plötzlich endet der Weg an einer vielleicht 3m hohen Böschung aus aufgeschüttetem Sand. Dahinter, eine riesige Buddelkiste – wahrscheinlich Sandabbau für Beton oder so was. In 300 m Entfernung auf der anderen Seite der Kiesgrube geht der Weg weiter, so als sei die Grube erst kürzlich in Betrieb genommen und es sei noch keiner dazu gekommen die Wegweiser abzubauen. Mit kurzem Verschwörerblick versichern wir uns des Fortbestands unserer Abenteuerlust – natürlich wuchten wir unsere Räder über die Böschung und fahren den Rand der Grube entlang. Das ist eindeutig einer der Momente wo eine Enduro oder ein Quad das richtige Vehikel wären, oder irgendwas aus MadMax. Dazu passen auch die rostigen Uralt-Maschinen die völlig unbeaufsichtigt am Grund stehen und über ihre perfekten Kegel wachen. Schnell wird es zu sandig und wir müssen schieben, um auf die andere Seite zu gelangen. Wieder über die Böschung, bloß um festzustellen, dass von einem Weg erstmal nicht die Rede sein kann; stattdessen sehr viel Totholz. Halb schiebend, halb tragend manövrieren wir unsere Räder in die Richtung, in der wir den Weg vermuten und nach 10 Minuten Quälerei haben wir wieder festen Boden unter den Rädern.

Radfahrer-Rmantik an der Kiesgrube

Radfahrer-Romantik an der Kiesgrube

Was nun folgt ist fahrtechnisch der schönste Abschnitt dieser Radtour. Auf gutem Forstweg geht es kilometerlang ganz sanft bergab und die tiefstehende Sonne taucht alles in dieses wundervolle Nachmittagsgold, wenn der Wald aufbricht. Der letzte Zug nach Gesundbrunnen ist in Wandlitz natürlich schon weg, also weiter nach Wandlitzsee, wo wir die Wartezeit für ein schnelles Eis im Uferrestaurant nutzen, was wäre schließlich eine Fahrradtour in Brandenburg ohne See.

Suchbild mit Bike-Guide, Martin im Rapsfeld.

Suchbild mit Bike-Guide, Martin im Rapsfeld.

Sehr glücklich und zufrieden nach dieser ersten Entdeckerfahrt 2016 machen wir uns auf den Heimweg.

Wenn Ihr selbst mal eine ausgiebigere Radtour in Brandenburg unternehmen wollt, sprecht uns an.