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Radtour von Schöneberg zum Teufelsberg Teil 2

a large tall tower with a cloudy sky

Unsere Radtour von Schöneberg zum Teufelsberg Teil 2

Heute geht es weiter mit dem 2. Teil unserer Radtour vom Gleisdreieck zum Grunewald. Euch erwarten weithin sichtbare Wahrzeichen des Kalten Krieges und Mahnmale an die Gräuel der Nazi-Zeit, für die man schon etwas genauer hinschauen muss.

Bayerisches Viertel – Orte des Erinnerns

Dass wir schon einmal zu einer anderen Gelegenheit hier waren, hatte ich ja im ersten Teil des Artikels bereits erwähnt. Denn das Bayerische Viertel rund um den Bayrischen Platz war eins der Zentren jüdischen Lebens in Berlin (neben der Spandauer Vorstadt). Die Gegend war bei einem wohlhabenden, großbürgerlichen Judentum wie Ärzten, Anwälten, Beamten und Intellektuellen äußerst beliebt. Zu den prominenten Bewohnern zählten Albert Einstein, Alfred Kerr, Gottfried Benn, Erich Fromm, Rudolf Breitscheid und viele andere. Gedenktafeln findet man hier also an vielen Orten, ebenso wie Stolpersteine, die an die ermordeten Einwohner erinnern. Viele Jahrzehnte lang war das jedoch anders, bis auf ein Denkmal am Standort der ehemaligen Synagoge in der Münchener Straße erinnerte fast nichts an die Geschichte des Viertels. Nachdem Anwohner in den 80er Jahren begonnen hatten, die Geschichte ihres Viertels während des Holocausts zu erforschen, wurde auf Betreiben des Berliner Senats im Jahr 1993 das Flächendenkmal “Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel” eröffnet. Es besteht aus 80 an Laternenmasten befestigten Schildern mit judenfeindlichen Verordnungen oder Gesetze mit dem jeweiligen Datum des Erlasses auf der einen Seite und einer einfachen bildlichen Darstellung auf der anderen Seite. Das Denkmal erinnert an die schleichende Entrechtung jüdischer Mitbürger, die schließlich in Deportation und Massenmord endete. Von den 16.000 Schöneberger Juden, mehr als 7 % der Gesamtbevölkerung, wurden 6000 in die Vernichtungslager deportiert. Hier lohnt es sich also genauer hinzuschauen, die Schilder findet man im Bayrischen Viertel wirklich überall.

Solche Schilder an Straßenlaternen bilden das Denkmal "Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel: Ausgrenzung und Entrechtung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Berliner Juden in den Jahren 1933 bis 1945"

Solche Schilder an Straßenlaternen bilden das Denkmal “Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel: Ausgrenzung und Entrechtung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Berliner Juden in den Jahren 1933 bis 1945”

Rathaus Schöneberg

Der imposante Bau des Rathaus Schönebergs ist vor allem als Kulisse für ein bedeutendes Ereignis Berliner Geschichte und des Kalten Krieges bekannt – John F. Kennedys Rede mit dem berühmten Satz “Ich bin ein Berliner”. Kennedy wurde am 23.06.1963 hier von den Berlinern triumphal empfangen, obwohl er sich im ersten Jahr seiner Amtszeit beim Bau der Berliner Mauer sehr zurückhaltend verhielt. Er wurde für die West-Berliner dennoch zum Hoffnungsträger, dem eine Menge von ca. 400.000 Menschen vor dem Schöneberger Rathaus zu jubelte. In Erinnerung an diesen denkwürdigen Staatsbesuch wurde der Platz vor dem Rathaus nach seiner Ermordung in John-F.-Kennedy-Platz umbenannt. 

Der Platz vorm Rathaus Schöneberg hat schon einiges gesehen. Im riesigen Turm schlägt immer noch die Freiheitsglocke.

Der Platz vorm Rathaus Schöneberg hat schon einiges gesehen. Im riesigen Turm schlägt immer noch die Freiheitsglocke.

So voll war es vor dem Schöneberger Rathaus als Kennedy seine berühmten Worte sprach. (Quelle: Von Robert Knudsen, White House - The John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.)

So voll war es vor dem Schöneberger Rathaus als Kennedy seine berühmten Worte sprach. (Quelle: Von Robert Knudsen, White House – The John F. Kennedy Presidential Library and Museum, Boston.)

Am Schöneberger Rathaus versammelten sich auch bei vielen anderen Gelegenheiten die West-Berliner, nach dem Mauerbau, zum Gedenken an die Opfer des Volksaufstands am 17.06.1953 oder zum Besuch anderer wichtiger Gäste wie Martin Luther King oder Queen Elizabeth II. Dies lag daran, dass das Rathaus ab 1949 als “provisorischer” Sitz der West-Berliner Regierung, des Senats, und des Abgeordnetenhauses fungierte, denn das Ziel war ja die Einheit. Seit der feierlichen Übergabe der Freiheitsglocke im Jahr 1950, einem Geschenk amerikanischer Bürger an Berlin, die hier im Rathausturm aufgehängt wurde, wurde das Rathaus so zu einem der bedeutendsten Orte der “Insel der Freiheit” West-Berlin. Die Freiheitsglocke läutet zwar immer noch jeden Tag um 12 Uhr, aber das Rathaus hat, seit es nur noch Sitz der Verwaltung des Bezirks Tempelhof-Schönebergs ist, seinen weltpolitischen Glanz verloren.

Rudolph-Wilde-Park & Volkspark Wilmersdorf

Beide Parks, die sich vom Rathaus Schöneberg gen Westen erstrecken, befinden sich in einer Schmelzwasserrinne, die am Ende der letzten Eiszeit entstand. Da auf dem morastigen Untergrund nicht gebaut werden konnte, war die Anlage eines Parks naheliegend. Der bis zu 30 Meter tiefe Sumpf stellte die Planer aber trotzdem vor große Probleme. Der Sumpf musste trocken gelegt und mit Sand aufgefüllt werden. Dabei bediente man sich des Aushubs der den Park querenden Schöneberger U-Bahn-Linie.

Der Goldene Hirsch funkelt im Rudolph-Wilde-Park - der Hirsch ist das Wappentier Schöneberg.

Der Goldene Hirsch funkelt im Rudolph-Wilde-Park – der Hirsch ist das Wappentier Schöneberg.

Sieht überhaupt nicht so aus, aber hinter dieser Fassade im Rudolph-Wilde-Park verbirgt sich der U-Bahnhof Rathaus Schöneberg, mit Aussicht auf den Ententeich.

Sieht überhaupt nicht so aus, aber hinter dieser Fassade im Rudolph-Wilde-Park verbirgt sich der U-Bahnhof Rathaus Schöneberg, mit Aussicht auf den Ententeich.

Der U-Bahnhof Schöneberg bietet heute auch einen der überraschendsten Ausblicke. Da er quer durch die Talsenke des Parks verläuft kann man durch die Fenster des Bahnhofs auf beiden Seiten in den Park schauen. Und von außen würde man hinter der schicken Säulenfront auch eher keinen U-Bahnhof vermuten. Möglich ist das auch, weil diese Linie als sogenannte Unterpflasterbahn gebaut wurde. Es gab damals noch nicht die technischen Möglichkeiten, um in schwierigem Untergrund richtige Tunnel anzulegen, also wurde in Berlin zunächst von oben ein Tunnel gegraben und dann mit einer Decke aus Stahl, Beton oder Mauerwerk verschlossen. Wenn ihr mal darauf achtet, werdet ihr feststellen, dass die Treppen bei der U1, U2, U3 und U4 euch nicht besonders weit hinab führen. Diese zuerst gebauten U-Bahnen sind alle Unterpflasterbahnen, bei den späteren Linien wie z. B. der U8 geht es wesentlich weiter hinab (mehr zum Thema U-Bahn findet Ihr in diesem Blog-Artikel). Auf dem Weg durch den Park kommen wir noch am ehemaligen Gebäude des RIAS (Rundfunk im Amerikanischen Sektor) vorbei, aus dem heute Deutschlandfunk Kultur gesendet wird. 

Hinter dieser weniger prunkvollen Fassade, die eher an einen Bunker erinnert, verbirgt sich ebenfalls eine U-Bahn, die der Linie U2. Barbrücke am Fennsee.

Hinter dieser weniger prunkvollen Fassade, die eher an einen Bunker erinnert, verbirgt sich ebenfalls eine U-Bahn, die der Linie U2. Barbrücke am Fennsee.

Weiter geht es über die Autobahnbrücke und das Gelände des Stadions Wilmersdorfs. Das Eis im Eisstadion ist schon verschwunden, aber Wollo hat noch schöne Erinnerungen, wie er hier als Teenie seine Runde gedreht ist. Wir halten noch kurz am Ort der ehemaligen Villa von Harald Juhnke im Grunewald, wo heute ein moderner Neubau steht. Über die schöne Hasensprungbrücke zwischen Diana- und Königssee radeln weiter zum Bahnhof Grunewald.

Bei der Überquerung der Autobahn müssen wir ordentlich strampeln.

Bei der Überquerung der Autobahn müssen wir ordentlich strampeln.

Blick von der Fußgängerbrücke hoher Bogen auf den Funkturm

Ok, bisschen viel Verkehr, aber der Blick auf den Funkturm ist trotzdem ganz nett.

Hasensprung mit Blick auf den Koenigssee

Und noch eine Brücke, jetzt schon im Ortsteil Grunewald. Die Hasensprungbrücke mit Blick auf Koenigs- und Dianasee.

Mahnmal Gleis 17 am S-Bahnhof Grunewald

Bevor es in den Grunewald geht, statten wir noch einem etwas weniger bekannten Mahnmal einen Besuch ab. Am Bahnhof Grunewald befindet sich das Mahnmal Gleis 17, das an die Deportation von tausenden Juden durch die Deutsche Reichsbahn erinnert. Am 18. Oktober 1941 fuhr hier der erste Zug mit 1013 Juden in das Ghetto Litzmannstadt (heute: Lodz) ab. Polizei und SS hatten die Deportierten vorher in der Synagoge Levetzowstraße in Moabit zusammengetrieben und dann gezwungen zum Bahnhof Grunewald zu laufen. Bis zum Kriegsende wurden aus Berlin über 50.000 Juden in Ghettos und ab August 1942 auch direkt nach Auschwitz-Birkenau und andere Vernichtungslager deportiert. In Berlin fuhren Deportationszüge außerdem auch vom Güterbahnhof Moabit und dem Anhalter Bahnhof ab. Das Denkmal besteht aus Stahlgussplatten, die den Bahnsteig einfassen, an der Bahnsteigkante steht jeweils das Datum des Transport, die Anzahl der Deportierten und der Zielort. Die Gleisanlage selbst ist erhalten und überwachsen. Dies soll symbolisieren, dass von hier aus nie wieder ein Zug abfahren wird. Nachdem es vorher bereits einige Gedenktafeln an diesem Ort gegeben hatte und die Rolle der Reichsbahn im Holocaust lange unbeachtet blieb, rief die Deutsche Bahn AG in den 90ern zu einem Wettbewerb für ein zentrales Mahnmal an die Deportationen auf. Das Mahnmal wurde 1998 eröffnet und ist frei zugänglich. Auf einer Brache direkt hinter dem Gleis plant die Moses-Mendelssohn-Stiftung einen Gedenkcampus mit 150 Wohnungen für Studierende, die die Geschichte der Deportationen erforschen und neue Gedenkformate entwickeln sollen.

An den Bahnsteigkanten ist jeder Deportationszug verzeichnet, der vom Bahnhof Grunewald aus abgefahren ist.

An den Bahnsteigkanten ist jeder Deportationszug verzeichnet, der vom Bahnhof Grunewald aus abgefahren ist.

Bahnsteigkante am Mahnmal Gleis17 Grunewald

Abhörstation auf dem Teufelsberg

Wir radeln durch den Grunewald und erspähen schon bald die Abhörstation auf dem Teufelsberg. Zugegeben, wir entscheiden uns heute nicht hinauf zu radeln, da laut Internet geschlossen ist und man durch die dichte Vegetation von außen keinen wirklich guten Blick hat. Wir haben an anderer Stelle schon ausführlich über diesen besonderen Ort geschrieben. Dort findet ihr auch jede Menge Fotos von der wirklich außergewöhnlichen Streetart auf dem Teufelsberg. Wie so viele andere “Berge” in Berlin sind auch der Teufels- und der gleich daneben liegenden Drachenberg, künstliche Erhebungen. Nach dem 2. Weltkrieg waren 60 % der Häuser in Berlin zerstört und der Schutt musste irgendwo abgeladen werden. An dieser Stelle wurden insgesamt 26 Millionen Kubikmeter Schutt entsorgt. In den 50ern entdeckte der Vorgänger der NSA (die Army Security Agency) den Ort und eröffnete hier 1957 die “Field Station Berlin Teufelsberg”. Von hier aus überwachten bis zu 1000 US-amerikanische und 500 britische Mitarbeiter den Flugverkehr und Radiosignale aus dem Warschauer Pakt – oder wie man munkelt auch sich gegenseitig. Mit den 5 runden Antennenkuppeln, den weithin sichtbaren weißen “Golfbälle”, konnten in einem Umkreis von 500 Kilometern alle Funk- und Fernmeldeverbindungen überwacht werden.

Immer wieder ein toller Anblick - die ehemalige Abhörstation auf dem Teufelsberg

Immer wieder ein toller Anblick – die ehemalige Abhörstation auf dem Teufelsberg

Leider kann ich mir kaum vorstellen, wie absurd es gewesen sein muss neben dieser streng bewachten Spionage-Zentrale mitten im Wald Schlitten zu fahren, aber der Ort, der etwas von geheimem Hauptquartiers eines Bond-Bösewichts hat, fasziniert trotzdem. Nachdem ein Investor mit seinen Plänen für ein Hotel und Tagungszentrum scheiterte, verfiel die Anlage und wurde zu einem der bekanntesten Lost Places der Stadt, ein Anziehungspunkt für Künstler und illegale Parties. Seit einigen Jahren hat der Teufelsberg einen neuen Betreiber, unter dem sich der Ort zu einem Mekka der Street-Art-Szene entwickelt hat, nicht nur in Berlin sondern weltweit. Hier toben sich die Stars der internationalen Szene wie El Bocho, Tobo oder Plotbot Ken genauso aus wie Neulinge. Für Street-Art-Fans ist der Ort also ein absolutes Muss und auch ansonsten lohnt sich ein Besuch der gewaltigen Anlage unbedingt. Der Besuch kostet aktuell 7 Euro und Führungen gibt es auch.

Drachenberg

Wir lassen den Teufelsberg dieses Mal also links liegen und stellen unsere Räder am Fuß des benachbarten Drachenbergs ab. Wenn man die Treppen geschafft hat, eröffnen sich von oben tolle Ausblicke auf die Radarstation und die Stadt. Der Drachenberg ist nämlich oben nicht zugewachsen und darum auch bei Drachenfliegern sehr beliebt. Wir haben heute besonderes Glück, denn wir können ein paar Gleitschirmflieger bei ihren Flügen bestaunen. Außerdem erspähen wir von oben den Funkturm, das Olympiastadion, das Le-Corbusier-Haus und vieles andere mehr.

Blick vom Drachenberg

Der Blick vom Drachenberg ist eigentlich bei fast jedem Wetter toll. Aus diesem Blickwinkel überragt der Funkturm ausnahmsweise mal seinen großen Bruder Fernsehturm.

Gleitschirmflieger am Drachenberg

Bei Gleitschirmfliegern ist der Drachenflieger recht beliebt, obwohl man ziemlich schnell unten ist.

Gruppenbild Berlin on Bike Team auf dem Drachenberg

Das BoB-Team auf dem Drachenberg. Die Abhörstation auf dem Teufelsberg musste natürlich auch mit aufs Bild

Wir genießen noch etwas die Aussicht und machen uns an den Abstieg. Von hier aus kann man die Tour am S-Bahnhof Grunewald beenden oder auch am S-Bahnhof Heerstraße. Unsere bisher längste Tour hat sich auf jeden Fall wieder sehr gelohnt. Schöneberg hat geschichtlich viel Interessantes zu bieten, Spuren des Kalten Krieges und der Nazi-Zeit, aber auch architektonisch, vom Glanz der Gründerzeit bis zum Siebziger Jahre Trash. Und im Grunewald kann man dann noch etwas Villenflair genießen. Wenn Ihr einmal mit einem Guide zusammen den Westen der Stadt erkunden wollt, schreibt uns einfach eine Mail