Seen-Radtour von Friedrichshagen nach Strausberg
Seen-Radtour von Friedrichshagen bis Strausberg
Unsere Team-Radtouren sind in der letzten Zeit etwas seltener geworden, das hat aber einen erfreulichen Grund – wir haben wieder Gäste. Und so muss natürlich immer jemand vor Ort in der Kulturbrauerei sein und sich um unsere Gäste kümmern und sie auf unsere geführten Fahrradtouren schicken.
Trotzdem haben wir uns in der letzten Hitzewelle immerhin zu zweit auf die Sättel geschwungen, um eine Tour ins Umland zu unternehmen und die ein oder andere Badepause einzulegen. Da wir hier eher die Landschaft auf uns wirken lassen haben, gibt es dieses Mal etwas weniger historische Infos. Zum Nachmachen soll die Tour trotzdem unbedingt anregen und darum gibt es wie immer unten auch unsere Komoot-Route für eure eigene Radtour.
Gleich zum Beginn mussten wir umdisponieren, da die S-Bahn uns nicht wie geplant bis Erkner brachte sondern ab Friedrichshagen Ersatzverkehr fuhr. Davon lassen wir uns natürlich nicht beeindrucken sondern radeln einfach ab Friedrichshagen los. Das macht aber gar nichts, denn hier war ich noch nie und es ist ja immer schön, in Berlin etwas Neues zu entdecken. Wenn man drüber nachdenkt, braucht man nicht lange, bis man darauf kommt, wie Friedrichshagen zu seinem Namen gekommen ist. Das Dorf wurde 1753 im Auftrag von Friedrich II. gegründet. Hier siedelten sich vorwiegend Baumwollspinner aus Böhmen und Schlesien an, die in einfachen Lehmfachwerkhäusern lebten. Ab 1842, als in Friedrichshagen die Bahnstation mit Anbindung an die Strecke zwischen Berlin und Frankfurt(Oder) eröffnet wurde, legte der Ort einen rasanten Aufstieg zum beliebten Ausflugsort für die Berliner und Villenvorort hin. Das lag natürlich vor allem am anliegenden Müggelsee.
Die Bölschestraße in Friedrichshagen, die wir von der S-Bahn-Station bis fast zum Müggelsee hinunter radeln, ist die beliebteste Flaniermeile mit zahlreichen Geschäften und Cafés. Die historischen Kolonistenhäuser von denen noch einige erhalten sind, haben wir leider nicht fotografisch festgehalten, aber die könnt Ihr Euch dann ja bei Eurer eigenen Radtour anschauen.
Am Marktplatz befindet sich die Christophoruskirche, die zwischen 1901 und 1903 errichtet wurde, weil der Vorgängerbau für die stark gewachsene Bevölkerung zu klein geworden war. Schirmherrin des Kirchenbaus war Kaiserin Auguste Victoria, die uns auch in Weißensee schon über den Weg gelaufen ist. Davor wurde 1904 ein Denkmal Friedrich II. enthüllt, das nach dem 2. Weltkrieg eingeschmolzen wurde. Zur 250-Jahr-Feier Friedrichshagens im Jahr 2003 erschuf der armenische Bildhauer Spartak Babajan eine neue Bronze-Statue des Alten Fritz, die dem historischen Vorbild nachempfunden ist und wieder ihr Plätzchen auf dem Marktplatz gefunden hat.
Unser Weg führt uns weiter hinunter zum Müggelsee, wo schon das nächste Highlight auf uns wartet. Wir landen am Spreetunnel, von dessen Eingang man einen schönen Blick auf den Müggelsee und die Müggelspree genießen kann.
Der Spreetunnel wurde 1927 fertig gestellt, um den mit bis zu 40.000 täglichen Passagieren überlasteten Fährbetrieb zwischen Friedrichshagen und den Ausflugsgaststätten am südlichen Seeufer abzulösen. Die 120 lange Tunnelröhre, die 8,5 Meter unter dem Wasserspiegel der Spree liegt, galt damals als technische Meisterleistung. Zum ersten Mal wurden in Deutschland 2 Tunnelröhren durch Luftdrucktechnik ins Flussbett abgesenkt und miteinander verbunden. Nachts will ich hier nicht alleine langlaufen, aber irgendwas hat der tief hinabführende Tunnel schon.
Auf der anderen Seite eröffnet sich ein toller Blick zurück auf die Friedrichhagener Seite der Müggelspree. An ihrem Ufer liegt die älteste Privatbrauerei Berlins, die Brauerei Berliner Bürgerbräu. Die Brauerei gehörte zum Gut Friedrichshagen, das Friedrich II. erschließen ließ. Zu ihren Hochzeiten produzierte die Brauerei so viel Bier, dass es auf Dampfschiffen abtransportiert wurde. Seit 2010 wird hier leider kein Bier mehr gebraut.
Vom Spreetunnel aus radeln wir immer weiter den Radweg R1 entlang. Der Weg führt zwar nicht direkt am Seeufer entlang sondern durch den Wald, aber es ist trotzdem eine sehr schöne Radroute. Nach ca. 7 Kilometern erreichen wir den kleinen Müggelsee mit einem Badestrand, der zur ersten Badepause einlädt. Außer uns haben wegen der Hitze noch einige andere dieselbe Idee, aber da wir nicht am Wochenende hier sind, ist es nicht überfüllt.
Wir radeln weiter und überqueren über eine Holzbrücke und später die Triglawbrücke zwei Mal die Müggelspree. Hier gibt es überall Wasser und auf der anderen Seite des Flusses liegt Neu Venedig. Das sollten wir uns aber wohl mal auf einem Bootsausflug anschauen. Die Grundstücke, die sich hier am Fluss aufreihen sehen jedenfalls mehr als idyllisch aus.
Kurz nachdem wir den Dämeritzsee umrundet haben, erreichen wir Erkner. Die Stadt hat nicht den Charme von Friedrichshagen, was sicherlich damit zusammenhängt, dass sie am 8. März 1944 bei einem Bombenangriff der US Airforce weitgehend zerstört wurde. Der Ort wurde zum Ziel, weil hier im Zuge der Aufrüstung der Wehrmacht die wichtigste Kugellagerfabrik der deutschen Rüstungsindustrie errichtet wurde.
In der 3-D-Malerei im Bild oben wird die Fassade des bei dem Bombenangriff zerstörten Gemeindehauses nachgestellt. Das Café sah sehr nett aus, aber so früh auf der Radtour konnten wir noch keinen Verpflegungsstopp einlegen.
Die längste Zeit war Erkner jedoch ein Schifferdorf, aufgrund seiner günstigen Lage zwischen den Wasserwegen der Havel, Spree, Oder und Elbe. Über Erkner wurde Kalk von Rüdersdorf nach Berlin verschifft, aber auch Kohle und andere Rohstoffe aus Schlesien. Erst mit dem Bau des Oder-Spree-Kanals 1890 verliert die Binnenschifffahrt ihre Bedeutung für den Ort. Mit der Errichtung der Eisenbahn-Linie Berlin – Frankfurt (später Niederschlesisch- Märkische Eisenbahn) wurde der Ort wie Friedrichshagen zum beliebten Ausflugsort und ab 1880 sogar zum Luftkurort.
Absurder Hintergrund: in Erkner wird 1880 von Julius Rütgers das erste Werk zur Destillation von Teeröl in Kontinentaleuropa errichtet. Damit wurden Eisenbahnschwellen imprägniert und haltbarer gemacht. Die Dämpfe der Teerdestillation galten als gesundheitsfördernd und so bekam Erkner den Titel Luftkurort. Auch seinen prominentesten Bewohner hat Erkner diesem Status zu verdanken, der Schriftsteller und spätere Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann lebte 4 Jahre hier, da ihm der Aufenthalt von seinen Ärzten empfohlen wurde. Heute kann man in Erkner darum auch das Gerhart-Hauptmann-Museum besuchen.
Damit ist die Geschichte der Teerverarbeitung in Erkner allerdings noch nicht vorbei. Auf dem Firmengelände begann 1909 die weltweit erste industrielle Herstellung von Kunststoffen (Bakelit) in Zusammenarbeit mit dem belgischen Forscher Leo Baekeland, der eigentlich in den USA lebte. Der Kunststoff trat in den folgenden Jahrzehnten von hier aus einen beispiellosen Siegeszug an. Ab 1957 wurde in dem Nachfolgebetrieb VEB Plasta Erkner auch das Material für die Kunststoff-Karosserien des Trabants hergestellt. Leider wurde dabei der Umweltschutz wie so oft in der DDR vernachlässigt, das Grundwasser in Erkner muss immer noch von den Schadstoffen gereinigt werden.
Von Erkner aus führt uns unsere Radtour an einer Seenkette entlang, die uns über Fangschleuse, Grünheide, Altbuchhorst bis nach Kagel führt. Leider führt der Radtour hier nicht am Seeufer sondern meist an einer Straße entlang. Am Möllensee führt uns ein kleiner Abstecher jedoch an einen schönen Strand an einem Campingplatz, wo wir uns noch einmal abkühlen können.
In Kagel biegen wir nach Norden ab und radeln noch ein Stückchen auf dem Europa-Radweg R1 bis nach Rehfelde, wo wir ihn schließlich verlassen. Die Radroute führt von hier aus weiter über Buckow bis in den Oderbruch, nach Polen und schließlich sogar bis St. Petersburg, wobei ich nichts zur Qualität des Radwegs hinter der Grenze sagen kann.
Von hier aus ist es nur noch ein kleines Stückchen bis zum S-Bahnhof in Strausberg unserem heutigen Etappenziel.
Fazit: Eine vor allem am Anfang mit den vielen Seen sehr schöne Strecke. Später fehlt es etwas an Highlights aber für eine lockere Ausfahrt ohne auf die Karte gucken zu müssen und Fahrspaß ist der gut ausgebaute R1 immer gut.